Donnerstag, 22. August 2013

TAM

Hier ist sie: die neue Rupp/Müller/Fischerlehner-CD mit dem Titel "TAM"! Offizieller Veröffentlichungstermin ist der 23. September. Rechtzeitig dazu laden wir zum Release-Konzert am 22. September im Berliner "Ausland" ein.
Wir haben Rigobert Dittmann von "Bad Alchemy" eingeladen, einen Text zu schreiben. Bitte schön, hier ist er:

Nach Tingtingk (gligg Records, 2012) nun TAM, und das ist ja ansatzweise schon eine kleine Reihe. Eine Versuchsreihe? Oder sind es Träume, die Olaf Rupp, Matthias Müller und Rudi Fischerlehner da fixierten? Das Traumhafte, und selbst die Vernunft träumt ja gelegentlich, rührt daher, dass sich, wie bei einem Traum, schwer sagen lässt, ob oder wie weit die Protagonisten hier aktiv und bewusst vorgehen. Oder ob sie nicht vielmehr Getriebene sind, Taumelnde, die die Wünsche am Schwanz zu packen versuchen? Und wer sind denn bei solchen sehr freien – naja, ich bin kein Hirnforscher – daher meinetwegen auch intuitiven und motorisch intelligenten Improvisationen überhaupt die Protagonisten? Sind es wirklich die drei kleinen Nemos, die, groß geworden, diese Töne spucken? Rupp, härtegetestet und veredelt von seinen frühen Jahren mit Stol über die furiosen Begegnungen mit Pliakas und Wertmüller bis zu Die Dicken Finger, als einer der fetten Namen im Gitarrenbuch? Fischerlehner mit seinem bei Pinx, Grid Mesh und Fiium Shaarrk ausgefeilten und bei Gorilla Mask knattrig forcierten Personalstil? Müller, der sich mit SuperImpose oder dem Posaunenglanzterzett als Meister des Feinschliffs erwiesen hat? Oder sind die drei nicht vielmehr die Krikelkrakel einer anderen Macht, wie es der Mann mit dem großen Schnurrbart mal für seine eigenen Denk- und Schreibakte vermutet hat? Krikelkrakelnde Medien, durch die sich hier etwas Bohrendes, Fließendes, Driftendes, Brütendes kanalisiert und manifestiert? Etwas Ambientes, Hintergründiges, das sich – ganz in McLuhans Sinn - kühl und lockend zu entfalten scheint, wie man so sagt, wenn die herausgeforderten Sinne immer mehr Einzel- und Besonderheiten eines Klang-Zeit-Raums mitbekommen. Der hier in seinem Reichtum, seinem von Fischerlehner mit sinnverwirrenden perkussiven Finessen ausgestatteten und von Müller sehr naturnah, nämlich mit luftigen Schmauchspuren beatmetem Detailreichtum einfach da ist, transparent und drahtig zwar, aber ganz präsent. Der einmal so zart gehaucht, gegurrt, geblinkt zu sich kommt wie ein junger Tag, der sich aus der Morgendämmerung schält. Zugleich wie mit Bedacht gemacht und doch auch wie ungemacht, als ein vegetativer Ablauf feinen Zusammenwirkens. Diese Ununterscheidbarkeit ist ungemein spannend. Denn freilich ist da eine enorme Akribie am Werk, die an die Feinarbeit von Technikern erinnert, die etwas mikroskopisch Kleines anpeilen, an Finger, die mit der Nadelspitze in Eizellen zielen. Und während man noch mit der Zungenspitze mithilft, geben sich die drei schon wieder mit großzügigen Gesten verschwenderisch. Doch wie schon bei Tingtingk gelangt man auch hier wieder auf eine Lichtung, wo Luft und Zeit still stehen. Bis wieder die tastende, stöbernde, spielerische Wissenschaft zum Prospektorenhämmerchen greift und tickelnd, klopfend, schürfend im Gestein nach Erzadern lauscht, wie der schon genannte Philosoph, der neue Qualitäten gern auf Taubenfüßen und als Seifenblase hätte kommen sehen. Rupp hat seinen markant rasenden Stil inzwischen erweitert, entschleunigt und, nein, nicht entspannt, nur anders fokusiert auf eine flockiger, lässiger erscheinende Effektivität. Zwanglos und dennoch entschieden verbindet er Fischerlehners zeitspaltenden und raumfaltenden Eifer mit Müllers Untergründigkeit. Und gibt einem so die Chance, als lachender Dritter, als träumerischer Traumdeuter, als lauschender Wertschätzer selbst zum Protagonisten dieser verflixten Wissenschaft zu werden.

rbd / bad alchemy

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